Skoliose
Definition der
Skoliosen und Aufgabenstellung Bei einer Skoliose handelt es sich um eine dauerhafte
Krümmung der Wirbelsäule mit gleichzeitiger Rotation und Torsion (Drehung),
infolge der Asymmetrie von Wirbelsäulenkomponenten (Wirbelkörpern). Diese
Krümmung geht einher mit zusätzlichen Veränderungen im sagittalen
Wirbelsäulenprofil, wodurch die Skoliose als eine dreidimensionale
Fehlbildung definiert ist. Zur Behandlung der Skoliosen existiert eine Vielzahl von
sowohl konservativen als auch operativen Therapieformen. Ätiologische
Einteilung der Skoliosen In
dieser Klassifikation werden die so genannten strukturellen Skoliosen, das
heißt solche, die sich durch eine Teilfixation der Krümmung auszeichnen Klassifizierung der strukturellen
Skoliosen
Klassifikation der idiopathischen
Adoleszentenskoliosen
Klinik der Skoliosen Äußeres Erscheinungsbild Von
einer strukturellen Skoliose wird gesprochen, wenn klinisch eine teilfixierte
Seitausbiegung mehrerer Wirbelsäulenabschnitte vorliegt und radiologisch eine
Seitausbiegung von mindestens 5 Grad nach Cobb nachweisbar ist. Die
Seitausbiegung der Wirbelkörper führt zu einer Abweichung der
Dornfortsatzlinie vom geraden Verlauf und durch diese Wirbelkörperrotation
zur charakteristischen Rotationsasymmetrie mit dem im Thorakalbereich
typischen konvexseitigen Rippenbuckel und der konkavseitigen Abflachung der
Thoraxwand. Im Lumbalbereich kommt es analog zu einer Prominenz der
konvexseitigen paraspinalen Muskulatur, die als Lendenwulst bezeichnet wird.
Die Taillendreiecke erscheinen aufgrund des lumbalen Lendenwulstes
konvexseitig verstrichen und resultieren konkavseitig vertieft. Rippenbuckel
und Lendenwulst sind bei schwergradigeren Skoliosen bereits im Stand
sichtbar. Leichtgradigere Skoliosen sind jedoch erst bei maximaler
Kyphosierung der Wirbelsäule, dem so genannten Vorneigetest nach Adams, der
in Götzes Übersichtsartikel zur Klinik der Skoliose beschrieben ist, zu erfassen.
Aus der Rumpfasymmetrie ergibt sich zwangsläufig eine Stellungsasymmetrie der
Schulterblätter, wobei das konvexseitige Schulterblatt nach vorn abgleitet,
was den kosmetisch störenden Rippenbuckel weiter verstärkt. Das konkavseitige
Schulterblatt legt sich der Thoraxwand an und tritt ein wenig tiefer. Schmerzen, Lungenfunktion und
Morbidität Rückenschmerzen
haben bei Skoliosepatienten eine mit der Normalpopulation vergleichbare
Prävalenz bei mäßig erhöhter Intensität (4, 51, 93). Die
Schmerzen werden von den Skoliosepatienten selten als schwer oder akut
charakterisiert. Sie werden oft als asymmetrisch und extravertebral (4),
zumeist auftretend nach ungewohnten körperlichen Tätigkeiten mit sofortiger
Rückbildung der Beschwerden nach entsprechender Ruhe angegeben. Insbesondere
Patienten mit thorakolumbaler und lumbaler Hauptkrümmung leiden unter einer
höheren Intensität ihrer Rückenschmerzen verglichen mit Patienten, die eine
thorakale Hauptkrümmung aufweisen. Bezüglich
der kardiopulmonalen Funktion konnte festgestellt werden, dass lediglich bei
thorakalen Skoliosen mit einer Einschränkung der Lungenfunktion gerechnet
werden muss und Größe der thorakalen Krümmung. Signifikante Einschränkungen
werden jedoch erst ab Krümmungswerten von 100°-120° nach Cobb erwartet.
Demnach ist erst bei höhergradigen Skoliosen mit einer Erhöhung der
Mortalitätsrate, verglichen mit nicht-skoliotischer Normalbevölkerung zu rechnen . Radiologische Befunde Die
radiologische Festlegung der Ausdehnung einer Instrumentation beziehungsweise
die Differenzierung zwischen struktureller oder auch teilfixierter Krümmungen
von nicht-strukturellen Krümmungen, die sich vollkommen ausgleichen lassen,
erfolgt mittels Bending- oder Traktionsaufnahmen. Die Bending-Aufnahmen der
Wirbelsäule werden im Liegen in maximaler Seitneigung des Rumpfes
angefertigt, wohingegen Traktionsaufnahmen unter axialem Zug angefertigt
werden. Es gilt, dass bei Kurven < 50° nach Cobb Bending- Aufnahmen eine
größere Flexibilität, bei Kurven größer als > 60° nach Cobb
Traktionaufnahmen die größere Flexibilität zeigen. Ätiologie
der idiopathischen Skoliosen Definitionsgemäß
ist die Ursache der idiopathischen Skoliose, die mit 85% den größten Anteil
an der Gesamtheit der strukturellen Skoliosen hat, unbekannt. Jedoch haben
einige biomechanische, klinische und radiologische Arbeiten der letzten 20
Jahre gezeigt, dass die der an der Gesamtheit der strukturellen Skoliosen
hat, unbekannt. Jedoch haben einige biomechanische, idiopathischen Skoliose
zugrunde liegende Ursache wahrscheinlich primär in einer relativen Definitionsgemäß
ist die Ursache der idiopathischen Skoliose, die mit 85% den größten Anteil
Lordose beziehungsweise Minderung der Kyphose in den betroffenen
Wirbelsäulenabschnitten zu suchen ist. Bedingt durch diese primäre
Deformierung entwickelt sich sekundär eine Rotationslordose Konservative
Therapien in der Skoliosebehandlung Die
Korrekturprinzipien in der konservativen Behandlung von Skoliosen bestehen
aus Streckung, Umkrümmung und Entdrehung der skoliotischen Krümmung. In den
heute noch durchgeführten Methoden der konservativen Therapien werden
lediglich das Prinzip der Umkrümmung und Entdrehung der Wirbelsäule
praktiziert, da der Längszug der Wirbelsäule wegen seiner geringen
Effektivität bei Krümmungen von 20-40° nach Cobb, die hauptsächlich einer
konservativen Therapie zugeführt werden, eine nicht ausreichende Effektivität
aufweist. Grundsätzlich
kommen zur konservativen Therapie folgende Behandlungsmethoden in Betracht,
die im Folgenden abgehandelt werden: Orthesenbehandlung, Physiotherapie und
Elektrostimulationsbehandlung mit oberflächlichen aber auch zu
implantierenden Elektroden. Korsettbehandlungen Bei dem heute in der konservativen Skoliosetherapie
hauptsächlich verwendeten Orthesen handelt es sich vor allem um die so
genannten Derotationsorthesen wie das Chêneau- oder das Boston-Korsett. Diese
Korsette arbeiten nach einem Drei-Punkte-Prinzip mit 1.
Abstützung auf dem Beckenkamm, 2.
Redression der Skoliose auf der Konvexseite paravertebral und ventral durch
Pelotten, 3.
Abstützung unter der Axilla auf der Konkavseite Die
Korrekturprinzipien dieser Korsette beruhen zum einen auf einer
Beckenaufrichtung und Entlordosierung der Lendenwirbelsäule sowie Korrektur
der seitlichen Verbiegung und Torsion im Wesentlichen aktiv durch Umleitung
der dynamischen Kräfte bei der Inspiration. Das Chêneau-Korsett findet seinen
Einsatz vor allem bei thorakalen und s-förmigen Krümmungen, wohingegen das
Boston-Korsett vor allem bei lumbalen und thorakolumbalen Krümmungen
eingesetzt wird. Die
Indikation zur Korsettbehandlung ergibt sich bei idiopathischen thorakalen
Skoliosen mit Cobbwinkeln zwischen 25-40° bei Erwartung von mindestens zwei
Jahren Wachstum bis zur endgültigen Skelettreife. Ebenfalls muss eine Korsetttherapie
bei Kurven zwischen 20-25° nach Cobb unter der Bedingung erfolgen, dass eine
nachgewiesene Progredienz der Krümmung von mindestens 5° in den letzten 6
Monaten vorliegt, Für lumbal dominante Krümmungen liegt der
Indikationsbereich für eine Korsettbehandlung zwischen und 30° nach Cobb. Während
der Korsetttherapie müssen durch den Patienten begleitende kräftigende
krankengymnastische Übungen durchgeführt werden, um einer Atrophie der
paravertebralen Muskulatur, die zur Zeit des Tragens des Korsettes weniger
Haltearbeit zu vollführen hat, vorzubeugen. Die
Tragedauer des Korsetts sollte bei Mädchen bis zwei Jahre nach Eintritt der
Menarche erfolgen. Bei Jungen empfiehlt sich eine Tragedauer bis zum
radiologischen Abschluss des Knochenwachstums. Physiotherapie Neben
allgemeinen Korrektur- und Atemübungen, Haltungsschulung, Übungen mit
Geräten, Partnern und in Gruppen gibt es für die Skoliose entwickelte
Übungsmethoden, die nach ihren Urhebern benannt sind. Als Beispiele sind das
Verfahren nach Klapp, die Methode nach Niedernhöfer, das System
Gocht-Jessner, die Behandlungsmethode nach Schroth oder die Methode Scharll
zu nennen. In den
letzten Jahren wurden jedoch vor allem durch H.-R. Weiss einige, darunter
auch prospektive, Studien veröffentlicht, in der die Wirksamkeit der
skoliosespezifischen Rückenschule nach Schroth untersucht wird. Diese
Behandlungsmethode nach Schroth beruht auf dem Prinzip der Drehwinkelatmung,
bei der durch eine forcierte und bewusste Atmung in die Konkavseite der
Skoliose hinein versucht wird, die Hebelwirkung der Rippen auf die
Wirbelsäule auszunutzen, um hierdurch eine Aufrichtung und Derotation zu
erwirken. Elektrostimulationsbehandlung Operative Behandlung der Skoliose Ein
weitgehender Durchbruch in der Skoliosechirurgie wurde jedoch erst im Jahre
1959 durch Paul Harrington erreicht. Er war der erste auf diesem Gebiet, der
Fremdmaterialien in Form eines konkaven Distraktionsstabes und später nach
einer Modifikation zusätzlich einen konvexen Kompressionstab erfolgreich in
der nach ihm benannten Methode verwendete. In den
folgenden Jahren wurden zahlreiche weitere Wirbelsäuleninstrumentarien zur
Aufrichtung und Stabilisierung entwickelt, wovon die segmentale
Wirbelsäuleninstrumentation nach Luque hervorzuheben ist. Das
Instrumentarium nach Luque, im Jahre 1975 entwickelt, beinhaltet als
Grundkonzept eine sublaminare Verdrahtung mit Anlagerung von L-förmigen
Stäben. Hierdurch wird eine außerordentlich hohe Primärstabilität erzielt,
die eine postoperative Ruhigstellung mit Hilfe eines Gipses oder Korsetts
nicht mehr erfordert. Ursprünglich wurde es vor allem zur Therapie
neuromuskulärer Skoliosen entwickelt, fand und findet noch heute zum Teil
Einsatz auch zur operativer Behandlung
idiopathischer Skoliosen. Das
noch heute gültige operative Grundkonzept auf dem Gebiet der dorsalen
Instrumentation von Skoliosen stellt das im Jahre 1984 entwickelte Verfahren
nach Yves Cotrel und Jean Dubousset Indikation zur Operation und Operationszeitpunkt Hinsichtlich der
Indikationsstellung zur operativen Versorgung sind verschiedene
Gesichtspunkte zu berücksichtigen: 1. Alter des Patienten, 2. Eventuelle
Möglichkeiten der erfolgreichen konservativer Behandlung durch Orthesen, 3.
Untersuchungen über den natürlichen Verlauf idiopathischer Skoliosen nach
Abschluss der Wachstumsphase. |